Der orientalische Tanz stammt aus einer Region der Welt, in der sich seit dem 7. Jahrhundert der Islam als Massenreligion verbreitet hat. Trotz moderner Bewegungen, westlicher Orientierung und traditionellen, vorislamischen Werten gilt in den meisten orientalischen Ländern die islamische Rechtsordnung. Ein Tanz, in dem Frauen freizügig und verführerisch ihren Körper zu musikalischen Klängen bewegen, scheint in das Bild von islamischer Religion nicht hineinzupassen.
Musik und Tanz als ,,Gefahr“
Tatsächlich sind sich seit der Verbreitung des Islams viele Gläubige und Religionsgelehrte nicht sicher, und die Debatten, ob Musik und Tanz religiös verboten seien, reißen auch heutzutage nicht ab. Der Koran verbietet es nicht, dennoch haben die gesellschaftlichen Konzepte von Musik und Tanz bei vielen Gläubigen die Konnotation von Verbotenem, Anrüchigem. Sie sehen darin einen Widerspruch zu der von Gott geforderten Sittsamkeit, eine Gefahr zu unerlaubten sexuellen Handlungen, sowie eine Herabsetzung der Würde und des Körpers von Frauen.
Tanzverbote
Daher gibt es in vielen islamisch geprägten Gesellschaften und in den Gesetzen islamischer Länder Verachtung, Herabwürdigung und Diskriminierung von Berufen, die mit Singen und Tanzen in Verbindung stehen. Zahlreiche Regelungen und Verbote folgen daraus. So ist beispielsweise unter der Herrschaft der radikal-muslimischen Taliban in Afghanistan alle Unterhaltung, die sich Musik und Tanz bedient, explizit verboten. Auch in anderen islamischen Staaten wie Iran, Saudi-Arabien, Pakistan oder Algerien gelten Tänzerinnen gesellschaftlich prinzipiell als Prostituierte, und es wird nicht an Schmähungen und Vorurteilen gespart.
Kultur gegen Religion
Es mutet absurd und paradox an, dass in denselben Regionen, die die Kunstform des orientalischen Tanzes, wunderschöne traditionelle Musikinstrumente und Gesang hervorgebracht haben, nun eine musikalische Tanzdarbietung als verachtenswert und unerwünscht, ja sogar als unreligiös und dämonisch bezeichnet und geahndet wird. Die Masse an kulturell begeisterten Männern und Frauen, die sich dem Tanz oder der Musik widmen wollen, und sich nicht ganz aus der Öffentlichkeit verdrängen lassen wollen, leiden unter massiven Drohungen, Unterdrückung und Verfolgung. In manchen radikalen Gesellschaften droht ihnen sogar der Tod.
Hoffnung
Es ist traurig, als Tänzerin oder Musiker, Sänger oder Trommler der westlichen Welt und Perspektive, mitansehen zu müssen, wie diese wundervollen Kulturgüter unterdrückt und gedemütigt werden. Viele betroffen Künstler verlassen ihr Heimatland, wählen ein Leben im Exil, um ihre Kunst ausüben und ein freies Leben mit ihrer Leidenschaft führen zu können. Die Hoffnung bleibt, dass eines Tages die reichen und detaillierten Traditionen einer glanzvollen Kultur die religiösen Vorschriften von heutigen Regierungen und ihre Einschränkungen überwinden können. Es wäre eine Bereicherung für die islamische Welt, sich auf ihre Wurzeln und deren Reichtum an Kunst zurückzubesinnen.